Translater:
Wie kann die SPD die nächste Bundestagswahl
gewinnen?
Mit dem richtigen Programm könnte die SPD das Ruder herumreißen und für einen Überraschungssieg sorgen.
Mit
hohlen Phrasen und knackigen Propagandasprüchen ist es nicht
mehr getan!
Will die SPD
tatsächlich die nächste Bundestagswahl gewinnen, muss sie
überzeugende Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit
liefern. Dazu gehört zunächst einmal eine gehörige
Portion Ehrlichkeit! Die SPD muss Realitäten anerkennen und
benennen und darf sich nicht weiter an der allgemeinen
Verdrängung und Vertuschung ungeliebter Wahrheiten
beteiligen.
Der erste
Schritt:
Realitäten
eingestehen!
Dazu
gehört:
1. Ein offenes
Eingeständnis, dass die inflationsbereinigten Reallöhne und
Renten seit 1980 sinken!
Dabei immer
hübsch ehrlich bleiben und sich nicht vom geschönten
Statistik-Blendwerk beeindrucken lassen. Nicht ein imaginäres
Durchschnittseinkommen auftischen, sondern die berufsspezifische,
inflationsbereinigte Nettolohnentwicklung seit 1980 offenlegen.
Es darf also nicht der Facharbeiter von damals mit dem Ingenieur von
heute verglichen werden (die Zahl der Akademiker hat sich
schließlich seit 1980 vervielfacht). Näheres...
2. Ein offenes
Eingeständnis, dass sich die offiziellen Arbeitslosenzahlen seit
1980 verdreifacht und seit den 1960er Jahren sogar
verzehnfacht haben!
Es verbietet sich von
selbst, diese traurige Bilanz als Erfolg zu feiern (das wäre
eine Verhöhnung der Bürger). Die SPD sollte endlich
zugeben, dass in Deutschland trotz konjunkturstützender
Billiggeldschwemme mindestens 10 Millionen
sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze fehlen und
dafür sorgen, dass die Statistiken aufschlussreicher (ehrlicher
werden).
Neben den manipulierbaren
offiziellen Arbeitslosenzahlen
sollte allmonatlich auch die Zahl der Regelleistungsbezieher
veröffentlicht werden (damit sich die Bevölkerung keinen
falschen Illusionen hingibt) und nicht auch noch das Ausland meint,
wir seien das reiche Wirtschaftswunderland, das man ewig
schröpfen kann. Und damit nicht Hungerleider aus aller Welt
glauben, hier herrsche tatsächlich ein akuter
Fachkräftemangel und sie würden als Schafhirten, Fischer
oder Analphabeten hier rasch einen gutbezahlten Job
finden.
3. Die SPD
sollte die Öffentlichkeit nicht länger mit
spektakulären Scheinerfolgen verwirren!
Deutschlands hoher
Leistungs- und Handesbilanzüberschuss zum Beispiel scheint mir
äußerst suspekt. Schon wegen der Besteuerung kommt es zu
weitreichenden "Schummeleien" (weil bei Exporten
Mehrwertssteuererstattungen winken, während umgekehrt Importe
verzollt und versteuert werden müssen). Auf dieser Basis werden
Exporte gerne erfunden (die es gar nicht gibt) und Importe
kleingerechnet.
Zu denken gibt auch, dass der (vermeintliche) jährliche
Handelsbilanzüberschuss in Höhe von über 200
Milliarden Euro auf Dauer keine globalen Verwerfungen zeigt. Wo
bleibt das viele Geld - und vor allem, was hat die Bevölkerung
davon? Wegen der gigantischen Handelsbilanzüberschüsse gilt
Deutschland als Buhmann der EU bzw. der Welt, den man immer wieder
attackieren und in die Pflicht nehmen darf!
Wer dem hohen deutschen Handelsbilanzüberchuss vertraut, der
glaubt vermutlich auch noch an den Weihnachtsmann oder meint, in
unserem Land gäbe es keine Korruption oder Schwarzarbeit (weil
sie doch verboten sind).
4. Deutschland
stirbt nicht aus und ist auch nicht auf eine hohe Zuwanderung
angewiesen!
Schluss auch mit
dieser paranoiden Verdummungskampagne! Die Bevölkerung
Deutschlands hat sich seit den 1960er Jahren um 14 Millionen
erhöht - von einem Aussterben kann also überhaupt nicht
die Rede sein (Näheres).
Und wenn in Deutschland mindestens zehn Millionen
versicherungspflichtige Arbeitsplätze fehlen, verbietet es sich
eigentlich von selbst, eine hohe Zuwanderung anzumahnen oder
Deutschland zum Einwanderungsland erklären zu wollen.
5. Wollen wir
ein offenes Europa?
Wenn die SPD ernst
genommen werden will, müsste sie sich abgewöhnen,
fahrlässig mit verdummenden Parolen umzugehen. Es ist
äußerst diskriminierend, einem Nationalstaat, der seine
Grenzen schützt oder Zölle erhebt, gleich eine
Abschottungspolitik zu unterstellen. Näheres
...
6. Abkehr von
der entrückten Verherrlichung des Freihandels und des
Exports!
Unser Wohlstand ist
nicht vom Freihandel und dem Export abhängig! Die von der
internationalen Kapitallobby lancierte Standardthese sollte endlich
auch von der SPD mit mehr Sachlichkeit kommentiert werden.
Näheres...
Nur
wer die oben aufgeführten sechs Gegebenheiten verinnerlicht,
kann auch die richtigen politischen Entscheidungen treffen!
Es nützt nichts,
politische Programme zu präsentieren, wenn die entscheidenden
Wahrheiten ausgeblendet werden. Es bringt auch wenig, ständig
eine bessere Bildung, noch mehr Geld für die Forschung, für
Kitas, Flüchtlinge und die Inklusion Behinderter einzufordern,
dabei aber die seit 1980 sinkenden Nettolöhne und Renten und die
Probleme der Massenarbeitslosigkeit weitgehend zu ignorieren oder zu
tabuisieren.
Auch die ewige
Beschwörung der sozialen Gerechtigkeit nützt nichts, wenn
man die Fakten partout nicht sehen will. Ich muss zum Beispiel als
Rentner heute ca. 9000 Euro jährlich in die gesetzliche Kranken-
und Pflegeversicherung einzahlen (bei meinem Vater war vor 25 Jahren
in ähnlicher Situation noch alles beitragsfrei - sogar
steuerfrei).
Die soziale Gerechtigkeit ist zur leeren Worthülse verkommen
- den einen wird's genommen (zum Beispiel den
Durchschnittsverdienern, den Rentnern, den Sparern usw.) - den
anderen wird's gegeben (zum Beispiel Alleinerziehenden,
Regelleistungsbeziehern, kinderreichen Familien, Flüchtlingen
usw.).
Wobei scheinheilige Sozialpolitiker gerne so tun, als würden
sie die abgehobenen Zuwendungen (Wahlgeschenke) selbst finanzieren.
In unverschämter Manier spielen sie den warmherzigen Samariter,
während sie dem anonymen Steuerzahler sein Geld heimlich aus der
Tasche ziehen. Gewinner dieser durchsichtigen, schamlosen
Klientelpolitik sind nur etwa 20-30 % der Bevölkerung. Der
schäbige Rest dagegen, die oft zitierte "dumme graue Masse",
gehört zur Hauptgruppe der namenlosen Verlierer.
Sinkende
Löhne trotz Verdoppelung der Produktivität!
Anstatt sich hinter
hohlen Phrasen und wohlklingenden Parolen zu verschanzen ("wir wollen
mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Geld für die Bildung und
Forschung") scheint es mir wichtiger, den größten
Widerspruch aller Zeiten aufzulösen:
Warum sinken seit 1980 die Reallöhne und Renten, wenn sie
sich doch aufgrund der stetig wachsenden Produktivität (des
technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts) eigentlich
verdoppelt haben müssten? Sind also die EU, der Euro, die
Globalisierung am Ende doch nicht so wohlstandsfördernd wie
gebetsmühlenhaft proklamiert? Wirken diese Ikonen der
mächtigen Kapitallobby vielleicht im Gegenteil sogar extrem
kontraproduktiv?
Wäre es nicht lohnend, sich darüber einmal ernsthaft
Gedanken zu machen, anstatt unbeirrt weiter "mehr EU, mehr Euro, mehr
Zuwanderung und mehr Globalisierung" einzufordern?
Ich jedenfalls würde die SPD wählen, wenn sie sich dieser auf den Nägeln brennenden Fragen ehrlichen Herzens annimmt und sich den echten Prioritäten zuwendet. Wer es als Spitzenpolitiker unter dem Banner der sozialen Gerechtigkeit ausblendet, dass das Leben und die Arbeit für den Normalbürger bei sinkenden Löhnen zunehmend härter und stressiger wurde, hat seine Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Nachtrag
November 2017:
Wie
demokratisch ist eigentlich die SPD?
Gleich
nach der Bundestagswahl am 24. September 2017 hat die SPD eine
Weiterführung der Großen Koalition (CDU/CSU+SPD)
ausgeschlossen. Ist eine solche Verweigerungshaltung demokratisch?
Darf sich eine vermeintliche "Volkspartei" beleidigt in den
Schmollwinkel zurückziehen, weil sie vielleicht meint, eine
Regierungsbeteiligung werde von den Wählern wenig honoriert?
Triumphieren wieder einmal Parteiinteressen vor dem Gemeinwohl?
Und was bitte soll man davon halten, wenn Parteibonzen der SPD dann
auch noch steif und fest behaupten, die Große Koalition sei vom
Wähler "abgewählt worden"? CDU/CSU plus SPD würden
auch im neuen Bundestag mit einer soliden Mehrheit regieren (handeln)
können. Mit welchem Recht kann man in dieser komfortablen Lage
von einer Abwahl reden? Ich habe den Eindruck, dass ausgerechnet
diejenigen, die die AFD als demokratiefeindlich darstellen, oft gar
nicht wissen, was Demokratie überhaupt bedeutet.
Nachtrag 16.
Dezember 2017:
Sigmar
Gabriel über die SPD
m Spiegel Heft 51/2017 erörtert Sigmar Gabriel in einem
beachtenswerten Aufsatz die Probleme der SPD. Gabriels Analyse halte
ich in weiten Teilen für recht offen und zutreffend, seine
Diagnose aber für grundlegend falsch. Denn der derzeit noch
amtierende Außenminister kommt zu dem (fatalen) Schluss, mit
nationalen Gesetzen könne der globale Kapitalismus nicht
gezähmt werden.
Gabriel unterstützt deshalb den Appell des
SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz nach mehr internationaler und
europäischer Zusammenarbeit. Doch mit dieser verzweifelten
Hoffnung verschiebt man (meines Erachtens) jeglichen
Lösungsansatz auf den Sankt-Nimmerleinstag.
Wenn alle Länder dieser Welt egoistisch national denken und
handeln, benimmt sich Deutschland wie ein lebensmüder
Geisterfahrer, wenn es partout die entgegengesetzte Richtung
einschlägt. Der Traum von der europäischen bzw.
internationalen Solidarität unterwandert zudem das eigene
Verantwortungsbewusstsein. Es forciert die Forderungsmentalität
ärmerer Staaten (Transferunion, Eurobonds, mehr Umverteilung,
mehr Einwicklungshilfen und Schuldenerlasse) und bedeutet letztlich
die Schwächung oder gar Abschaffung eines gesunden
Leistungsprinzips. Aber diese leistungsfeindliche
Grundeinstellung
war ja schon lange das große Dilemma der SPD.
Mit internationalen Abkommen lassen sich, diese Erkenntnis sollte nach Jahrzehnten des Niedergangs gereift sein, nicht die Probleme des widerwärtigen europäischen und globalen Dumpingwettbewerbs lösen. Was würde wohl geschehen, wenn in Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika deutsche Mindestlöhne, Steuern, Sozial- und Umweltstandards eingeführt werden? Den immensen Kostendruck wären alle dort beheimateten Staaten nicht gewachsen, die Volkswirtschaften würden reihenweise zusammenbrechen. Wir brauchen also nicht internationale Abkommen, sondern einen fairen, länderübergreifenden Wettbewerb. Und den erreicht man über einen ehrlichen (nicht heimtückischen) Protektionismus - (also über Zölle).
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Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg für
notwendige Reformen. Es dankt Ihnen Manfred J. Müller
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Impressum
©
Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
Mai 2017
Alles
was nicht den Ideologien der etablierten Parteien (SPD, Grüne,
CDU/CSU, FDP) entspricht, wird konsequent als links- oder
rechtsextrem stigmatisiert (auch in den Staatsmedien). Auf diese
Weise hält man zwar die lästige Konkurrenz in Schach,
verhindert aber auch jegliche Neuorientierung oder Rückbesinnung
auf bessere Zeiten. Man zementiert also das bequeme "Weiter-so" -
ohne Rücksicht auf Verluste. Und erkauft sich die
Wählergunst über populistische Umverteilungen,
abenteuerliche Neuverschuldungen und
Wohlstandsversprechen.